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Ausschreibungen: Haftungsfalle "Produktneutralität"

Sowohl die VOL/A als auch die VOB/A sehen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung vor. In der Praxis wird dieser Grundsatz oftmals nicht ausreichend ernst genommen. Ingenieurbüros die öffentliche Ausschreibungen betreuen, gehen oftmals davon aus, dass es mit der Ausschreibung eines Leitproduktes und dem Zusatz "oder gleichwertig" getan ist.
Ein solches Vorgehen ist jedoch nur dann zulässig, wenn eine hinreichend genaue Beschreibung des Beschaffungsgegenstandes ansonsten nicht möglich ist. Das ist jedoch nur ausnahmsweise der Fall. Die gesetzlichen Regelungen dienen nicht dazu, sich die Mühe zu ersparen, sich über die gewünschten Eigenschaften ausreichend eigene Gedanken zu machen.

Im § 7 Abs. 8 der VOB/A heißt es dazu: "Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs oder einer bestimmten Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz "oder gleichwertig" zu versehen."

Im Einzelnen gilt somit auch das Gebot der produktneutralen Ausschreibung bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen gemäß § 7 Abs. 3 und 4 des Abschnitts 1 und § 8 Abs. 7 EG des Abschnitts 2 der VOL/A und bei der Vergabe von Bauleistungen nach § 7 Abs. 8 des Abschnitts 1 und § 7 Abs. 8 EG des 2. Abschnitts der VOB/A. Während die beiden Vorschriften der VOB/A mit § 8 Abs. 7 EG VOL/A identisch sind, hat § 7 Abs. 3 und 4 VOL/A (Abschnitt 1, 2009) eine geringfügig anderen Regelungsinhalt.

Der Verstoß gegen den Grundsatz der Produktneutralität kann nicht nur vergaberechtliche Konsequenzen haben (Vergabenachprüfungsverfahren), sondern führt in jüngster Zeit zunehmend auch dazu, dass Fördermittel mit der Begründung einer fehlerhaften Ausschreibung widerrufen werden. Gegen erste Ingenieurbüros werden daher bereits Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Unter Umständen muss sich der öffentliche Auftraggeber ein Mitverschulden anrechnen lassen, da er die Letztverantwortung für das Vergabeverfahren hat.


Ralf Leinenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Justiziar der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt